Ameisen haben viel kleinere Gehirne als wir und bilden trotzdem komplexe Gesellschaften. Warum gibt es auf Ameisenstraßen keine Staus? Und was hat das mit Physik zu tun?
Bei Ameisen kommt es sehr darauf an, aus welchem Abstand man sie beo- bachtet. Auch wenn ihre Bewegung an die mikroskopisch kleiner Staubteil- chen erinnert, ist ihr Treiben alles andere als zufällig. Vielmehr handelt es sich um ein ausgeklügeltes Trans- portsystem, dessen Komplexität mit einer menschlichen Stadt durchaus vergleichbar ist. Wie ihre Kommunika- tion im Einzelnen abläuft ist jedoch eine schwierige Frage, die sich nur im Zusammenspiel von Biochemie, Zell- biologie und Neurowissen-
schaften beantworten lässt.
Physiker bringen hier ihre Kompetenz in der Modellierung von komplexen Netz- werken ein.
Vom übergeordneten Standpunkt der Evolutionsgeschichte aus mag man sich nun fragen, wie die Sozialstruktur einer Ameisenkolonie, die den unfruchtba- ren Arbeitern nur Nachteile einbringt, überhaupt entstehen konnte. Die mo- derne Forschung analysiert die gene- tischen Verwandtschaftsverhältnisse von Populationen und enthüllt so Mechanismen, die das Auftreten von (scheinbar) altruistischem Verhalten evolutionär plausibel machen.
Die Populationsgenetik ist eine mathe- matisch hoch anspruchsvolle Disziplin, die nicht zuletzt deshalb Physiker zu- nehmend in ihren Bann zieht.